Schule ist auch nur ein Spiel

Sechs Tricks, die dir helfen, dass du deinen Schulabschluss schaffst und dabei möglichst viele Punkte holst

von Angelika Glitz

Mein Tagebuch verrät, wie schwer ich mich auf die Schule konzentrieren konnte.

“Ich kann mich einfach nicht auf die Schule konzentrieren. Auch wenn ich muss, muss, muss! Papa droht mal wieder mit Reitverbot. Dafür muss ich ständig an diesen Idioten denken. Ich starre auf die Vokabeln und sehe ihn, wie er da vor seinem Mofa steht und einfach wegfährt. Natürlich mit aufheulendem Motor. So ein A …” Ich bin scheißmüde. Vokabeln sind das Schlafmittel überhaupt. Könnte man glatt in der Apotheke verkaufen. Tja, und mein Abi … mein Abi steht da wie eine große, schwarze Wand?” (23. Oktober 1983)

Damals legte ich mich nach der Schule erst mal auf das Bett. Ich starrte an die Decke und hing meinen Gedanken nach. Mich aufzuraffen und mich an meinem 1,5 Meter entfernten Schreibtisch zu setzen, schien mir so anstrengend, als müsste ich mich dafür durch zähen kanadischen Honig kämpfen. Kein Zweifel, ich lief schul-energetisch ein paar Jahre lang im absoluten Stromsparmodus.

Man sollte wenigstens eine Kerze anzünden, wenn die Energie nicht reicht, um den ganzen Weihnachtsbaum zum Leuchten zu bringen.

Kleiner Test: Wie gut nutzt du deine Energie?

Du befindest dich auf einem Schiff im Indischen Ozean. Das Schiff sinkt. Dein Akku hat nur 2 Prozent. Wie rettest du dich?

a) Ich zappe ein wenig auf Insta rum und schaue, was meine Freunde so treiben.

b) Ich rufe meine Oma an und sage: „Hilfe Omi, rette mich. Ich ertrinke gerade im Ozean.“

c) Ich schicke einen Live Standort an die Seenotrettung.

Wenn du jetzt a oder b gewählt hast, musst du an diesem Teil der Geschichte leider ertrinken und das Thema Schulabschluss hat sich von alleine erledigt. Falls nicht, gut gemacht! Mach es in der Schule ähnlich. Setz deine Energie dort ein, wo es wirklich wichtig ist.

1. Sei faul! Aber sei faul mit Köpfchen! In deiner ganzen Schulzeit gibt es nur zwei oder drei wichtige Zeugnisse.

Die Zeugnisse in der Mittelstufe sind zum Beispiel in etwa so wichtig wie eine Medaille für die schönste Sandburg.

 Die schaut sich in der Regel nie wieder jemand an. Sie sind gut fürs Selbstbewusstsein, machen Eltern glücklich, vielleicht bekommt man einen Geldschein von Oma oder Opa zugesteckt, aber euer Leben werden sie nicht verändern. Mit einem miesen Zeugnis in der achten Klasse kann man Bundeskanzlerin werden. Einfach Eltern beruhigen, sie milde stimmen indem du zum Beispiel die Spülmaschine ausräumst, Krone richten, neues Spiel neues Glück.

In deinem Abschlusszeugnis geht es um dein Leben!

Ich würde dir gerne etwas anderes erzählen, damit du diesen Artikel lieber liest, aber dann würde ich dich belügen. Klar man kann auch ohne Abschlusszeugnis glücklich werden oder “seinen Weg” gehen. Doch mit ein paar funkelnden Sternen auf dem Zeugnis, ist es leichter. Sie sind die Eintrittskarte für das Wunschkonzert deines Lebens. Sie bilden das Fundament, auf dem du dein Leben bauen und gestalten wirst.

In den Abschlussklassen steigt die Lern-Energie meistens von alleine wieder.

Der kraftraubende Umbau in deinem Kopf ist dann fast abgeschlossen. Energie steht nun wieder zum Lernen zur Verfügung.

 Für die Abschlussklassen qualifizieren musst du dich aber schon!

Klar, denn bei der WM darfst du ja auch nicht in der Vorrunde rausfliegen.

Bleib in Mathe und den in den Fremdsprachen am Ball!

In den Nebenfächern dagegen kann es ohne Folgen bleiben, wenn du mal ein Halbjahr verpennst. Im nächsten Halbjahr kommt ein neues Thema und du kannst wieder einsteigen, als wärst du nie weggeträumt. In Mathe und in den Fremdsprachen klappt das allerdings nicht.

Wenn dein Mathelehrer nicht erklären kann, such dir jemanden, der oder die es kann — zum Beispiel im Internet.
Im Netz findest du kostenlose YouTube Tutorials von LehrerInnen, die dir den Unterrichtsstoff in kurzen Einheiten super anschaulich erklären. Sehr empfehlen kann ich die Kurz-Videso zu allen Mathe-Themen von Daniel Jung! Einfach Thema googeln und loslegen. Meistens genügen schon — 10 Minuten regelmäßig, um wieder auf Ballhöhe zu kommen oder zu bleiben.

Wenn du in Englisch den Anschluss verloren hast, mach in den Ferien einen Schüleraustausch. 
Es ist unfassbar, wie leicht man Englisch lernt und viele neue Vokabeln, wenn man mit englischen Jugendlichen Fußball spielt, feiert oder mit ihnen abhängt. Wichtig ist hierbei allerdings, dass man dann möglichst ausschließlich mit Englisch sprechenden Jugendlichen zusammen ist. Vier Wochen lang in einer englischen Familie zu wohnen, spart dir zwei Jahre lang Vokabeln zu lernen. Und die Gammatik bekommst du beim Sprechen mit sogenannten Native Speakern einfach so ins Gefühl gepflanzt.

Schau dir Filme und Serien in Originalsprache mit englischen Untertiteln an.

Hast du dich schon mal gefragt, warum die Niederländer so gut Englisch sprechen? Ein Grund dafür ist, dass in den Niederlanden die meisten Filme in Originalsprache gezeigt werden. Sie laufen mit Untertiteln. So sind die schon die “kleinen” Niederländer dazu verdonnert, Englisch zu lernen, wenn sie ihre Lieglings-Serie auch verstehen wollen.

2. Be the master of the game! 

Welche Karten hast du auf der Hand? Schau dir dein Blatt gut an.

Nehmen wir mal, an die Schulzeit wäre ein Kartenspiel und der liebe Gott teilt die Karten dafür aus. Bei der Geburt bekommt jeder Mensch sein Blatt auf die Hand. Du hast ein paar Trümpfe und ein paar Arschkarten. Die Trümpfe könnten zum Beispiel sein: “Mathe-As” oder “Schneller Läufer”, die Arschkarten:“Leider Legastheniker” oder “Zu schüchtern zum Melden” oder “Gedächtnis wie ein Sieb”. Du hast gewonnen, wenn du es mit deinen Karten bis zum Abitur schaffst und dabei möglichst viele Punkte sammelst. 

Spiel deine Trümpfe geschickt aus und lass dir von deinen “Arschkarten” nicht dein Leben versauen.

Wie gehst du also vor? Was ist deine Strategie. Als erstes schaust du dir dein Blatt gut an. Was sind deine Trümpfe? Was sind deine Arschkarten? Dann, konzentriere dich auf deine Trümpfe und lass dir nicht von den Arschkarten dein Leben versauen. Frage dich, wie hole ich mit diesem Blatt, die meisten Punkte. Wie schaffe ich es, dass ich nicht eine Runde aussetzen muss.

Bist du Legastheniker, dann punkte in Mathe, in den Naturwissenschaften oder in Latein. Bist du schüchtern, dann sahne bei den Klassenarbeiten ab. Hast du Prüfungsangst, dann fische deine Punkte durch mündliche Beteiligung oder halte ein Referat. Schule ist kein Glücksspiel, Schule ist ein Strategiespiel mit ein bisschen Glück.

3. Fang einfach an

„Einfach mal anzufangen“, ist der beste Weg aus jeder Erstarrung.
Gucke stolz auf jedes bisschen, das du für die Schule gelernt hast und nicht auf den Berg, den du noch büffeln musst. 

Es gibt ein tolles Buch von Michael Ende, das heißt “Momo”. Dort spielt der Straßenkehrer Beppo eine wichtige Rolle. Beppo hatte den langweiligsten Job auf der ganzen Welt. Er musste jeden Tag eine endlos lange Straße kehren. Sein Trick war, er schaute nicht nicht auf die endlose Straße, die er noch kehren muss. Er schaute nur auf den nächsten Besenstrich. Für einen Besenstrich reichte seine Energie immer. Und plötzlich hatte er die ganze Straße gekehrt. 

Stell dir einen Timer und sei magische 7 Minuten lang voll konzentriert.
7 Minuten sind immer drin. Wichtig ist dass du dir wirklich einen Timer stellst und in den 7 Minuten nichts anderes machst. Dir nicht mal an der Nase kratzt. Lerne 7 Minuten lang Vokabeln. Und dann noch einmal 7 Minuten, und vielleicht noch mal  … 
Oder: bereite dich 7 Minuten lang auf die nächste Stunde vor, indem du dir den Stoff von der letzten Stunde anschaust. Oder schreibe dir 7 Minuten lang Fragen zu einem Thema auf, die du in der nächsten Stunde stellen kannst. Oder schreibe 7 Minuten lang an einem Aufsatz. Oder sei 7 Minuten lang kreativ. Du wirst überrascht sein, was du in 7 Minuten mit deinem konzentrierten Kopf anfangen kannst. 

Lerne jeden Tag drei neue Vokabeln, dann kannst du in einem Jahr über 1000 neue Vokabeln mehr. 
Lerne einfach jeden Tag 7 Vokabeln. Und wenn dir das zu viel ist, dann eben nur drei. Damit kannst du in jeder Sprache Smalltalk machen, dich im Unterricht beteiligen, Freunde kennenlernen. Jede Vokabel, die du lernst, ist besser als keine.

4. Schreibe Spickzettel

Nein, nicht um zu spicken, das ist ja verboten. Klar. Sondern, um sie geschrieben zu haben.

Ich selbst habe manchmal gespickt. Damals! Dabei war das Risiko, erwischt zu werden sehr gering. Niemand hätte mir so etwas zugetraut. Jedes Lamm sah aus, als hätte es mehr kriminelle Energie als sich. Und ich war brillant. Im Spicken. Denn ich hatte zu Weihnachten einen Zauberkasten geschenkt bekommen. Ich konnte Zettel einfach so aus dem Nichts auftauchen und wieder verschwinden lassen. Hätte ich die Zeit, in der ich meine Fingerfertigkeit trainiert habe, ins Vokabellernen gesteckt, ich hätte nie einen Spickzettel gebraucht. Doch so hatte selbst meine Mutter mehr Vertrauen in meine Spickzettel als in meine Fähigkeiten. Bevor ich das Haus zu einer Klassenarbeit verließ, fragte sie jedes Mal: „Hast du auch deinen Spickzettel dabei?“

Lerne die Zauberei oder lass es!

Ich habe viel mit Gummibändern gearbeitet, damals.
Mehr verrate ich nicht. Und ich kann auch nur jedem vom Spicken abraten. Obwohl es heute durch die neuen Medien ganz phantastische Möglichkeiten gibt, die ihr sicher alle kennt. Trotzdem mein Tipp. Spickt nur, wenn ihr vorher einen Zauberkurs belegt habt.

Und warum sollten trotzdem auch alle Nicht-Zauberer Spickzettel schreiben?

Verdichte und Verknappe, was du wissen musst, auf auf das Format eines Spickzettels. 
Es gibt keine bessere Übung. Wenn einem das gelungen ist, hat man es drauf. Es ist wie mit dem Einkaufszettel, den man geschrieben auf dem Küchentisch vergisst, und dann trotzdem im Supermarkt ohne ihn klar kommt. Man hat ihn nur in der Tasche und er gibt Sicherheit. So eine Art Talisman mit Notfallplan.

5. Don’t forget — LehrerInnen sind auch nur Menschen

Ein Lächeln kann ein Wunder auf deinem Zeugnis bewirken.

Kein Mensch kann 100 prozentig gerecht sein. Auch keine Lehrkraft. Wenn du absolute Gerechtigkeit möchtest, lass dich von einem Roboter unterrichten.

Die meisten LehrerInnen haben sich einmal sehr motiviert in den Studiengang Lehramt eingeschrieben. Sie wollen SchülerInnenn beibringen, was Ihnen am Herzen liegt und sie wollen ein gutes, cooles Verhältnis zu ihnen. Wie jeder Mensch wollen sie gemocht und geliebt werden. Und vielleicht haben sie sogar die Hoffnung, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Einem Ort mit ein paar Einsteins mehr — oder Goethes oder wenigstens Menschen, die bei der nächsten Bundestagswahl das Wahlprogramm der Partei verstehen, die sie wählen. Manche Lehrerkräfte konnten sich diese Leidenschaft erhalten. Bei anderen ist sie leider an den Klippen des Schulalltags zerschollen.

Also, es passiert schon mal , dass LehrerInnen denjenigen bessere Noten geben, wenn sie ihnen ein bisschen von dem schenken, was sie sich einst erhofft haben. Ungerecht? Nein, absolut menschlich. 

Also sei freundlich, fletz dich nicht wie eine leere Bananenschale auf deinen Schultisch, stell Fragen. Und wichtig, schau wenigstens ab und an interessiert drein. Vielleicht wächst das echte Interese dann sogar von alleine nach. 

Glänze immer mal wieder mit Wissen, das du vor der Stunde gegoogelt oder auf YouTube gefunden hast.

Zusatzpunkte gibt es außerdem, wenn du jede Stunde ein oder zwei richtig gute Antworten parat hast. Das ist immer machbar. Das notwendige Bonus-Wissen kannst du vor der Stunde googeln, dir ein Lernvideo anschauen oder eine Reportage.

Lande nach den Sommerferien in der richtigen Schublade!

Sieh zu, dass du im neuen Schuljahr bei den neuen Lehrkräften sofort in der „richtigen Schublade“ landest. Aus der Schublade, in der man einmal steckt, kommt man nämlich so leicht nicht mehr raus. Meldest du dich in den ersten vier Wochen wie verrückt, landest du in der Schublade „toller Schüler“. Selbst, wenn du danach schlafen solltest. Oft brauchen Lehrer, weil sie so viele Schüler haben, schon mal ein paar Wochen, um das zu bemerken. Umgekehrt ist es leider ebenso. Einmal in der Schublade für müde Schüler, musst du eine Menge Energie aufbringen, um dort wieder herauszukommen. Also, wenn die Energie nicht für das ganze Schuljahr reicht, setz sie am Anfang ein. Und natürlich kurz vor der Zeugniskonferenz.

6. Warte auf das Panikmännchen und nutze den Energiebooster

Panik kann eine wahre Energie-Spritze sein!

Für einige Menschen ist es wichtig, sich die Zeit gut einzuteilen.

Klar, steht man vor einer Aufgabe, zum Beispiel ein Referat über das Paarungsverhalten der Ameisenbären zu schreiben, macht man sich am besten einen Plan. Man schätzt die Zeit ein plus Reserve, teilt das Aufgabenpensum in Häppchen und fängt rechtzeitig an. Ebenso, wenn es um das Lernen für eine Bio-Arbeit oder einen Vokabel-Test geht.

Für andere Menschen ist es richtig, auf das Panik-Männchen zu warten.

Aber: Es gibt Menschen, die funktionieren so nicht. Dafür arbeiten sie klasse unter Druck. Wer diesen Trumpf auf der Hand hat, sollte ihn spielen. Warten bis der Berg, den du bewältigen musst, so hoch ist, dass das Panikmännchen aus der Höhle gesprungen kommt und singt: „Ich bin das Panikmännchen und weiß, dass das nicht klappen kann.“ Was das Panikmännchen jedoch nicht weiß ist, dass es durch sein Zappeln und Tanzen ganz viel Energie in dir weckt. Das wirkt wie zehn Dosen Red Bull auf Ex. Man könnte auch sagen, das Panikmännchen verleiht Flügel. Und zack hast du die Arbeit in der Hälfte der Zeit bewältigt. Das ist effizient und ein kluger Umgang mit Energie.

Also, für manch einen kann es besser sein, die Segel erst im Sturm zu hissen und nicht mit einem lauen Sommer Lüftchen zum Ziel zu dümpeln. 

Aber Achtung, alle Menschen, die ein Panikmonster haben, die wissen das ganz sicher. Alle anderen warne ich ausdrücklich vor diesem Tipp!

Und zum Schluss …

Abi 1985

Bei mir gab es schulisch auch ein Happy End. Ich bekam einen Aufkleber, den ich an mein Fahrrad kleben durfte: “Abi 1985”.

Abi 1998 und Abi 2020

Und bei meinen Kindern? Das gleiche Spiel. In der Schulzeit gab es blaue Briefe. Und dann? Okay für meine Kinder gab es keinen Aufkleber. Dafür gab es Badehandtücher auf denen steht — Abi 1998 und Abi 2020. Meistens benutze ich sie, weil sie meinen Kindern zu peinlich sind. Sie sind groß und flauschig, und wenn ich mich mit ihnen abtrockne, scheinen sie mir zuzuflüstern. Was hast du dir eigentlich für Sorgen gemacht. Es war einfach nur eine Phase ausgelöst, durch das Chaos in ihrem Kopf, weil dort gerade ein riesiger Umbau stattfand (alles dazu im Beitrag “Was ich in der Pubertät gerne über mein Gehirn gewusst hätte”). Eine Phase, durch die sie nur irgendwie hindurch gemusst haben. Ein paar Klippen auf dem Weg in die Welt der Möglichkeiten, an denen ihre Lebensträume zum Glück nicht zerplatzt sind.

Vielleicht hilft dir außerdem der Artikel auf diesem Blog “Hilfe, mein Gehirn hat ein Loch”.

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Hilfe, mein Gehirn hat ein Loch

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Was ich in der Pubertät gern über mein Gehirn gewusst hätte