Mama, du bist so “cringe”
Teil II
Im ersten Teil habt ihr erfahren, warum eure Mutter manchmal so “cringe” ist. Im zweiten Teil gibt es ein paar Tipps, was ihr dagegen tun könnt.
von Angelika Glitz
Klartext reden
Der Ton macht die Musik
Eure Eltern wollen in euren Augen “cool” bleiben, um euch weiterhin nah zu sein. Da kann es passieren, dass eure Eltern versuchen, so wie eure Freunde zu werden. Verklickert ihnen, dass es nicht ihre Aufgabe ist, eure “Freunde” zu sein. Freunde habt ihr viele, aber nur eine Mutter und einen Vater. Ihr könntet sagen, ihr hättet gelesen, dass ihr in der Pubertät eure eigene Persönlichkeit finden müsst. Das kann nur klappen, wenn euch Mama und Papa den Raum geben, euch von ihnen zu differenzieren. Dies ist wichtig, um eure eigene Persönlichkeit zu finden und euch besser abnabeln zu können. Ihr habt ein Recht auf euren eigenen Kleidungsstil, eure eigene Sprache, eure eigene Welt und eure eigene Musik. Als ich das endlich verstanden habe, habe ich zum Beispiel auf Autofahrten manchmal Radio Harmony angestellt — den Sender für alle, die einst aus echten Cola Flasche getrunken haben und wissen, was eine Schallplatte (Vinyl-Platte) ist. Das konnte manchmal schon schmerzhaft sein. Aber meine Kinder fanden es cool, sich über meinen Musikgeschmack aufregen zu dürfen.
Eure Welt erklären
Nicht jeder Zocker wird zum Zombie
Helfen kann es, euren Eltern mehr von eurer Welt zu zeigen. Vielleicht verringert dies das Risiko von peinlichen Anfällen, wenn sie euch beim Computerspielen mit euren Freunden erwischen.
Ungern erinnere ich mich daran, wie ich mich aufgeführt habe, wenn meine Kinder gezockt haben. „Ihr werdet bald aussehen wie Zombies“, habe ich gerufen. „Ihr werdet träge, quadratäugig, buckelig und Hartz-IV Empfänger.“ Nichts davon ist wahr geworden. Geholfen hat mir hier, dass die Welt der Computerspiele kein unbekanntes Gespenst für mich geblieben ist. Zum Beispiel, dadurch dass meine Kinder mir erklärt haben, wie man bei Minecraft richtig absahnt, und warum man bei World of Warcraft nicht einfach auf „Pause“ drücken kann, um den Bio-Müll zur braunen Tonne zu tragen.
Den Spieß umdrehen
Gegen peinliche Fragen beim Mittagessen helfen wieder klare Ansagen. Auf die Fragen, wie zum Beispiel: „Du Schatzi, mit wem standest du denn heute so in der Pause zusammen?“ Oder: „Willst du dich nicht mal mit dem Justus verabreden, der ist total nett?“ Oder „Wann wollen WIR denn dein Referat machen?“, könnt ihr zum Beispiel antworten: „Du Mama, das möchte ich dir nicht erzählen.“ Das müssen Eltern akzeptieren, auch wenn es schwer fällt.
Wer zuerst fragt, hat seine Ruhe
Ein guter Trick ist außerdem, einfach zuerst das Verhör zu starten. Fragt „Wie war es denn bei der Arbeit so?“ oder „Mit wem hast du in der Kantine was genau und wie viel gesessen?“ oder „Wie hieß noch mal der Frisör, mit dem die Rothaarige nach Las Vegas durchgebrannt ist?“ Meistens kommen Eltern dann derart in den Redefluss, dass sie vergessen, selbst die Fragen zu stellen und ihr könnt in Ruhe eure Spaghetti um die Gabel zwirbeln.
Realitätscheck
Double Check — wie peinlich sind meine Eltern wirklich?
Grundsätzlich kann es nie schaden, den Realitätscheck zu machen. Wie peinlich sind eure Eltern wirklich? Frag deine Freunde zum Beispiel: „Findest du meine Mutter auch so voll peinlich?“ Wenn deine Freunde dann völlig überraschend antworten, „Och, ich finde deine Mutter eigentlich ganz okay“, ist es nicht so schlimm, wie du befürchtest.
Entspannt bleiben
Chill mal
Bei allen Peinlichkeits-Vermeidungsstrategien sollte man immer im Hinterstübchen behalten, dass Kinder ihre Eltern manchmal peinlich finden müssen. Ebenso ist es wichtig, dass sie ihren Eltern zeitweise auf den Wecker gehen. Das ist Teil des großen Plans des Universum und hilft Kindern und Eltern, ihre enge Beziehung, ihre Symbiose, zu lockern und besser loslassen zu können, wenn es Zeit dafür wird. Manchmal sind Mama und Papa dann am Ende sogar froh, dass ihr auszieht und ihr könnt es selbst kaum abwarten, in den eigenen vier Wänden zu hausen.
Also, locker machen. Wir sollten allen den kleinen Hormonen danken, dass es sie gibt. Ohne sie würdet ihr noch mit sechzig Zuhause bei Mama und Papa in eurer Harry Potter Bettwäsche schlafen.
Final
Meine Kinder sind jetzt ausgezogen, und wir sind ohne bleibende Schäden durch diese Zeit gekommen. Sie fahren immer noch mit uns in den Urlaub und verstecken uns auch nicht vor ihren Freunden und Freundinnen. Ich denke, das sind gute Zeichen.
Happy End